Agenten, Infrastruktur und Politik

08.02.2023 von

Menschliches Verhalten ist ein wesentlicher Faktor in der Planung und Steuerung von Wasserinfrastruktur. Um dieses Verhalten zu modellieren, können agentenbasierte Modelle verwendet werden. Wie solche Modelle aufgebaut sind und wie sie validiert werden können, untersuchen Forscher vom FST und DLR in ihrer neuesten Publikation.

Aktuelle Herausforderungen, wie der Klimawandel oder militärische Auseinandersetzungen, führen uns die hohe Wichtigkeit städtischer Infrastrukturen vor Augen. Solche Infrastrukturen dienen dazu, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Jedoch werden diese Infrastrukturen auch von dem Verhalten der Menschen beeinflusst, denen sie dienen sollen. Aufgrund dieser Zusammenhänge zwischen menschlichen (sozialen) und technischen Systemen werden Infrastrukturen häufig als „sozio-technische Systeme“ bezeichnet.

Eine Möglichkeit solche sozio-technischen Systeme zu modellieren ist die agentenbasierte Modellierung. Agentenbasierte Modelle stellen das Verhalten individueller Akteure (sog. Agenten) in einem System dar und nutzen diese um das Verhalten des Gesamtsystems zu simulieren.

Agentenbasierte Modelle werden von Forschenden des FST aus der Gruppe „Urbanisierung und Infrastruktur“ genutzt. Die Forschungsgruppe untersucht urbane Infrastrukturen im Kontext von Krisen und der Resilienz solcher Infrastrukturen. Dazu kooperiert das FST mit dem Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem LOEWE Zetrum emergenCITY.

Aus dieser Kooperation ist der Artikel „Modeling and Validation of Residential Water Demand in Agent-Based Models: A Systematic Literature Review“ entstanden, der in der Sonderausgabe „Review Papers of Urban Water Management“ des Journals Water von MDPI veröffentlicht wurde. In dem Artikel wird untersucht (i) wie agentenbasierte Modelle von Wasserbedarfen validiert werden sollten, (ii) wie solche Modelle üblicherweise gebildet und (iii) validiert werden, und (iv) wie sich in dieser Validierung die in (i) identifizierten Praktiken wiederfinden lassen.

Die Literaturrecherche ergab, dass hoch realistische Modelle (also Modelle die ein spezifisches reales System sehr genau beschreiben sollen) zur Planung und Steuerung urbaner Wasserinfrastrukturen sowie zur Gestaltung politischer Interventionen die häufigste Anwendung agentenbasierter Modelle für Wasserinfrastrukturen sind. Während manche dieser Modelle umfassend validiert sind, bietet in vielen Fällen die Validierung noch Verbesserungsmöglichkeiten. So sollten die Ergebnisse quantifizierter Validierung auf Basis von Daten, die nicht Teil der Kalibrierungsdaten sind, genutzt werden, um die (Un-)Sicherheit der Ergebnisse und Implikationen von Modellen einzuschätzen und zu kommunizieren. Validierung mittels charakteristischer Muster und Validierung auf verschiedenen Modellebenen oder anhand höherer statistischer Momente sollte häufiger in Betracht gezogen werden. Diese Ergebnisse erweitern die bisherige Literatur durch eine breitere Grundlage an untersuchten Modellen und eine höhere Spezifität der empfohlenen Validierungsansätzen.

Der Artikel ist frei zugänglich unter https://doi.org/10.3390/w15030579