Rotordynamischer Einfluss fördermediengeschmierter Gleitlager in Pumpen
AiF Projekt 21029 BG 1+2

Aufgabe

Die Verfügbarkeit von Turbomaschinen wie Kreiselpumpen wird oft durch ihr schwingungsdynamisches Verhalten begrenzt. Infolge einer dynamischen Anregung durch Betriebskräfte oder Unwuchten kommt es zu einer Antwort des Gesamtsystems welche maßgeblich durch die induzierten Kräfte in engen Ringspalten, wie sie in Gleitlagern vorliegen beeinflusst wird. In fördermediengeschmierten Gleitlagern von Kreiselpumpen werden diese induzierten Kräfte nicht nur durch den hydrodynamischen Effekt, sondern auch durch eine axiale Durchströmung wesentlich beeinflusst. Zudem kann es infolge von größeren Lagerspielen und deutlich geringeren Viskositäten der vorliegenden Schmiermedien zu turbulenten Strömungszuständen kommen. Diese im Spalt vorliegende laminare oder turbulente Strömung definiert sowohl die Steifigkeit der Lagerung als auch das Abklingverhalten einer auftretenden Schwingung. Erfolgt die Auslegung aufgrund unzureichender Kenntnis der jeweiligen Effekte kann es im schlimmsten Fall zur Resonanz und im Folgenden zum Totalausfall der Maschine und zu wartungsbedingten und kostspieligen Ausfallzeiten der gesamten industriellen Anlage kommen.

Großer Rotordynamik Prüfstand

experimentelle Validierung

Im Verlauf des Projekts wurden an der Technischen Universität Darmstadt zwei weltweit einzigartige Gleitlagerprüfstände zur experimentellen Identifikation fördermediengeschmierter Gleitlager erweitert. Die Prüfstände erlauben die experimentelle Untersuchung laminarer als auch turbulenter Strömung innerhalb des Schmierspalts. Zudem bieten sie die Möglichkeit neben den klassischen rotordynamischen Koeffizienten für rein translatorische Bewegungen auch die Koeffizienten für die rotatorischen Freiheitsgrade der Welle zu bestimmen.

Ziel

Ziel des Projekts war die Erarbeitung einer umfangreichen Datenbasis rotordynamischer Koeffizienten und Identifizierung instabiler Betriebszustände sowie die experimentelle Validierung verbesserter numerischer Berechnungsmodelle für dynamische Betriebszustände auf Grundlage einer erweiterten Reynolds‘schen Differentialgleichung, sowie des auf Basis des integro-differentiellen Ansatz entwickelten Clearance-Averaged Pressure Models für fördermediengeschmierte Gleitlager in Pumpen.

Clearance-Averaged Pressure Model

Im Verlauf des Projekts wurden das an der Technischen Universität Darmstadt entwickelte Clearance-Averaged Pressure Model, kurz CAPM, für die Bestimmung rotordynamischer Koeffizienten erweitert und validiert. Das Modell ermöglicht die schnelle und zuverlässige Berechnung der Steifigkeiten, Dämpfungen und Trägheiten fördermediengeschmierter Gleitlager in Pumpen.

Ergebnisse

Im Rahmen des Projekts sind sowohl umfassende physikalisch basierte Modellentwicklungen auf Basis komplexer CFD Simulationen, eines integro-differentiellen Ansatzes (Clearance-Averaged Pressure Model) sowie der Reynolds’schen Differentialgleichung zur Bestimmung rotordynamischer Koeffizienten durchgeführt worden. Die Berechnungsergebnisse wurden mit umfangreich durchgeführten experimentellen Untersuchungen an zwei Gleitlagerprüfständen validiert. Insgesamt konnten durch zahlreiche Parameterstudien wichtige Einflussgrößen und ihre Relevanz für die verschiedenen Koeffizienten identifiziert werden. Besonders herauszustellen ist hierbei die Relevanz der virtuellen Massenterme, des Lomakin-Effekts sowie die Relevanz der, gegenüber klassischen Betrachtungen, zusätzlichen 36 Koeffizienten aufgezeigt. Die Bedeutung der zusätzlichen Koeffizienten wurde dabei anhand von Stabilitätsbetrachtungen und einem praktischen Anwendungsbeispiel aus der Industrie bewertet. Darüber hinaus wurde ein analytisches Berechnungsprogramm (JoBs) zur Bestimmung rotordynamischer Koeffizienten entwickelt, das den Unternehmen übergeben wird und auch KMUs in die Lage versetzt eigenen rotordynamische Betrachtungen durchzuführen. Die erbrachten Erkenntnisse können innerhalb der Auslegung fördermediengeschmierter Gleitlager direkt berücksichtigt werden und ermöglichen eine präzisere und damit kostengünstigere Auslegung fördermediengeschmierter Gleitlager in Pumpen.